Wissenschaftler der Universität Stuttgart und Renninger Firma gründen Unternehmen zur Vermarktung neuer Brenner für Bio-Brennstoffe

Die hohen Mineralöl-Preise geben den entscheidenden Impuls die Biomasse-Nutzung boomt mehr denn je. Eine Vielzahl neu entwickelter Verfahren wird zur Marktreife gebracht, bestehende Anwendungen werden unter Hochdruck optimiert. Das Institut für Verfahrenstechnik und Dampfkesselwesen der Universität Stuttgart (IVD) ist unter den Einrichtungen, die diese Entwicklung vorantreiben. Die Wissenschaftler des IVD liefern entscheidendes Know-how für die effizientere Gestaltung der Biomasse-Prozesse mit Hilfe spezieller Brenner. Jüngste Forschungsergebnisse des IVD mündeten jetzt in Zusammenarbeit mit der Renninger WS Wärmeprozesstechnik GmbH in die Gründung des Unternehmens E-Flox GmbH für die Vermarktung eines hoch innovativen Brennertyps.

Holzhackschnitzel, Schweinegülle, Schnittgut, Chinaschilf: Energieträger von morgen müssen nicht in fernen Ländern aufwändig zu Tage gefördert werden sie wachsen vor unserer Haustür. Der Landwirt als Energiewirt damit diese Vision Wirklichkeit werden kann, ist geballtes energietechnisches und verfahrenstechnisches Know-how notwendig. Schließlich müssen sich für die Betreiber hohe Investitionen in dezentrale Anlagen einigermaßen schnell rechnen. Die Arbeit eines stark anwendungsorientierten Stuttgarter Forschungsinstituts, das Technologien entwickelt, die einer großen Vielzahl von Biomasse-Prozessen zu höherer Effizienz und damit zu größerer Wirtschaftlichkeit verhelfen können, ist daher hoch willkommen.

Das Institut für Verfahrenstechnik und Dampfkesselwesen der Universität Stuttgart (IVD) forscht in einem Bereich, der für die Biomasse-Nutzung von entscheidender Bedeutung ist: der Optimierung von Verbrennungsprozessen. Denn bei diesem Thema gibt es noch eine Reihe von technischen Schwierigkeiten, die die IVD-Wissenschaftler schnellstens in den Griff bekommen wollen. Die Energiebilanz mancher Biomasse-Prozesse ist noch bedenklich , sagt Dr. Roland Berger, Leiter der IVD-Abteilung Dezentrale Energieumwandlung. Vielfach sei noch ein hoher Input an fossilen Energieträgern nötig, um die erforderlichen Temperaturen beispielsweise bei der Bioalkohol-Destillation erreichen zu können. Als weiteres Problem gelten Stickstoffoxid-Emissionen sowie Teer-Rückstände in den Brenngasen.

Europaweit einzigartige Versuchsanlagen zur Untersuchung von Verbrennungsprozessen

Unternehmen und Institutionen, die sich im Bereich der Biomasse-Nutzung engagieren, sind eingeladen, das Know-how des IVD anzuzapfen . Das Stuttgarter Institut mit seinen rund 70 Mitarbeitern in sechs Abteilungen hat längst einen ausgezeichneten Namen als Anlaufstelle und Projektpartner. Wir arbeiten sehr experimentell und anwendungsorientiert, die Grundlagenforschung spielt bei uns eine weniger zentrale Rolle , sagt Dr. Roland Berger. Die enge Kooperation mit der Industrie spiegelt sich deutlich in der Finanzierung des Instituts wider. Das Land finanziert die Verwaltung und die Stellen der Abteilungsleiter, alle anderen Mitarbeiter sind über Forschungsprojekte oder Industrieaufträge finanziert , so Dr. Berger. Bis zu 30 Prozent des Budgets kommt direkt von der Industrie. Besonders nachgefragt von den Unternehmen draußen sind die Versuchsanlagen des IVD, die im alten Block des Heizkraftwerkes der Universität Stuttgart untergebracht sind. Was Menge und Breite der Versuchsanlagen angeht, gibt es europaweit kein Institut, das hier mit uns konkurrieren kann, das hat sich in der Industrie herum gesprochen , erklärt Dr. Roland Berger das große Interesse an den Testkapazitäten des IVD. Wenn jemand untersucht haben will, wie etwas brennt, kommt er zu uns.

Verwertung von Reststoffen

Strom und Wärme aus Holzpellets, Kunststoffe und Diesel-Kraftstoff aus Stroh solche Biomasse-Prozesse erscheinen fast schon als Allheilmittel in einer Zeit der Rohstoffverknappung. Doch es gibt einen Pferdefuß: Die Energiebilanz der meisten Verfahren ist noch lange nicht optimal. Insbesondere die Nutzung von Reststoffen wie zum Beispiel Abfallgasen oder Gärrückständen steckt noch in den Anfängen. Hier haben die Wissenschaftler des IVD angesetzt und bieten heute umfassendes Know-how zur Verbesserung der Energie- und Stoffbilanz vieler Biomasse-Prozesse.

Ein höchst aktuelles Beispiel ist die so genannte Biomasse-Vergasung. Bei diesem Verfahren wird Biomasse unter Einsatz von hohen Temperaturen möglichst vollständig in einen gasförmigen Energieträger, zum Beispiel Brenngas , umgewandelt. Dabei wird der erhitzten Biomasse ein sauerstoffhaltiges Vergasungsmittel in der Regel Luft zugeführt. Die organischen Stoffe werden in brennbare Verbindungen aufgespalten; das so produzierte Brenngas kann in speziellen Brennern zur Wärmebereitstellung und in Gasmotoren oder -turbinen zur Stromerzeugung oder zur kombinierten Wärme- und Strombereitstellung eingesetzt werden. Sowohl bei der Entwicklung spezieller Brenner, mit denen Reststoffe solcher Biogas-Prozesse thermisch verwertet werden können, als auch bei der Reinigung des Brenngases von problematischen Rückständen gilt das IVD als eine führende Adresse. Die Energiebilanz der Verfahren verbessert sich durch den Einsatz der Brenner entscheidend, da so ein Teil der benötigten Wärme durch die Verbrennung von Abfallstoffen bereitgestellt wird und nicht von außen dem Prozess zugeführt werden muss.

Auch am Beispiel der Bioalkohol-Herstellung lässt sich der Nutzen solcher Spezialbrenner gut verdeutlichen. Bei der Vergärung von Rohstoffen wie Zuckerrüben, Mais oder Getreide entstehen feste und gasförmige Gärrückstände. Diese können mit Hilfe eines am IVD entwickelten Brenners thermisch verwertet und in den Prozess zurückgeführt werden. Die Energiebilanz des Gesamtprozesses wird dadurch deutlich verbessert. Zurzeit müssen etwa 70 Prozent der in Form von Alkohol produzierten Energie in Form fossiler Brennstoffe dem Prozess zugeführt werden , sagt Dr. Roland Berger. Da gibt es noch erhebliche Optimierungspotenziale.

Von der Forschung zur Unternehmensgründung: E-FLOX GmbH

Dass mit dem Fachwissen auf dem Gebiet der Biomasse-Verbrennung Geld verdient werden kann, zeigen nicht nur die zahlreichen Projektpartnerschaften des IVD mit Industrie-Unternehmen aus der Region. Eine erst wenige Wochen zurück liegende Unternehmensgründung aus dem Institut heraus, spricht eine noch deutlichere Sprache: Die am 17. November 2005 gegründete E-FLOX GmbH widmet sich der Entwicklung und Vermarktung eines Brenners für Energieumwandlungsprozesse nach dem Prinzip der flammenlosen Oxidation (FLOX). Partner der Unternehmensgründer aus dem IVD ist die WS Wärmeprozesstechnik GmbH aus Renningen, die schon seit einiger Zeit herkömmliche FLOX-Brenner herstellt und vertreibt. Diese werden bisher hauptsächlich in Hochtemperaturprozessen, beispielsweise bei der Stahlverarbeitung und der Keramikindustrie, eingesetzt. Der neue Brennertyp wird verstärkt bei der Biomasse-Nutzung zum Einsatz kommen und dort die Effizienz der Verfahren entscheidend steigern. Das Ziel dieser Entwicklung: eine echte Alternative zum Schwarzen Gold .