In der 7.000 Quadratmeter großen Produktionshalle der Arena 2036 auf dem Campus der Universität Stuttgart herrscht gedämpfte Betriebsamkeit. Mobile Roboter arbeiten selbstständig an Produktionstischen. Junge Menschen brüten konzentriert vor ihren Rechnern oder sitzen für eine Besprechung an einem Tisch zusammen. Sie wollen Ideen zur Zukunft der Automobilproduktion entwickeln. In der Arena 2036 arbeiten Start-up-Firmen gemeinsam mit Projektpartnern aus der Industrie an den Themenfeldern Mobilität, Produktion, Arbeit und Digitalisierung. Mauern oder Trennwände wären in einer solchen Umgebung fehl am Platz. Die Mietflächen der einzelnen Start-up-Firmen aus dem Bereich Leichtbau und Industrie 4.0 sind daher nur mit Klebeband voneinander abgegrenzt.
Eine dieser abgeklebten Parzellen gehört der Naise GmbH. Das 2017 gegründete Start-up entwickelt und fertigt Sensoren für mobile Transportsysteme. In der Lagerlogistik werden die Sensoren beispielsweise genutzt, um Roboter an ihren Einsatzort zu navigieren oder um Gabelstaplerwege auf einem weitläufigen Betriebsgelände zu optimieren.
Mitgründer und Geschäftsführer Jens Heinrich unterscheidet drei wesentliche Anwendungsfelder für seine Sensoren: „Unsere Kommunikationstechnik hilft unseren Kunden dabei, mobile Roboter zu navigieren, Waren automatisch an einen bestimmten Ort zu befördern und die Position von Gegenständen in Gebäuden zu bestimmen.“ Nach seinem Studium der Wirtschaftsinformatik hatte Jens Heinrich die Naise GmbH im Jahr 2017 zusammen mit dem zweiten Geschäftsführer Kai Przybysz-Herz und mit dem Prokuristen Robert Libert gegründet. Zwei Jahre zuvor hatten sie beim Gründungswettbewerb „Startup Weekend Stuttgart“ des Vereins Startup Stuttgart zusammengefunden, wo sie ihre Geschäftsidee vorgestellt hatten. Beim Pitch gewann die Gruppe mit ihrer Idee den Preis in der Kategorie „Beste Innovation“. Das neu gegründete Startup erhielt daraufhin ein Stipendium und ließ sich in der Produktionshalle der Arena 2036 in Stuttgart-Vaihingen nieder. Mittlerweile beschäftigt Naise sechs Mitarbeiter.
Sensorengesteuerte Ortung und Positionsbestimmung in Echtzeit
Die Sensoren von Naise werden vorwiegend im industriellen Umfeld eingesetzt. In der Produktionstechnik werden mobile Roboter beispielsweise an verschiedenen Standorten verwendet. Wenn diese Roboter nun mit Sensoren von Naise ausgestattet werden, können sie automatisch zwischen verschiedenen Produktionstischen hin und her navigieren. Dank der Funksteuerung über Radiofrequenzen mit Bandbreiten zwischen 500 Megahertz und 8,5 Gigahertz kann ihre Position zentimetergenau bestimmt werden.
Neben der Positionsbestimmung können mithilfe der Sensoren von Naise auch Transporte auf dem Betriebsgelände in Gang gesetzt werden. Mit Sensoren ausgestattete fahrerlose Förderfahrzeuge können Waren transportieren und an einem vorprogrammierten Zielort abliefern.
In der Innenraumlogistik kann man Waren mithilfe von Naise-Sensoren in weitläufigen Lagerhallen wiederfinden. Der Sensor gibt die Position zentimetergenau in Längen-, Breiten- und Höhenkoordinaten an.
Auch für mehr Sicherheit können die Sensoren sorgen – dank Kommunikation in Echtzeit. Ein Sensor auf einem fahrerlosen System hält bei entsprechender Programmierung nämlich beispielsweise den Mindestabstand zu einem anderen Sensor ein. Er kann auch eine Notfallortung auslösen, sobald eine mit einem Sensor ausgestattete Person länger als beispielsweise 20 Sekunden am Boden liegt. Wenn der Sensor entsprechend programmiert ist, kann das Kommunikationssystem dann ein Signal an andere Mitarbeiter in der Halle senden.
Bei der Standortwahl beherzigte Naise den Leitspruch „Sei da, wo deine Kunden sind“. Die Region Stuttgart mit ihren zahlreichen Industrie- und Logistikunternehmen bot einen idealen Nährboden. Jens Heinrich gibt zu, dass man in Berlin oder London zwar sehr viel einfacher an Risikokapital gekommen wäre. Dies habe für Naise jedoch eine untergeordnete Rolle gespielt. Von Bedeutung seien vor allem die guten Gründungsbedingungen gewesen: „Wir haben vielfältige Unterstützung in der Region erhalten: durch die Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart (WRS), mit der Universität Stuttgart sowie mit den Innovationsplattformen Startup Autobahn, CODE_n und M.Tech Accelerator. Alle haben uns mit Kundenkontakten, Seminaren und ihrem Netzwerk bei Gründungsfragen unterstützt“, erklärt Heinrich.