Sich in Gefahr begeben, um Verwundeten und Flüchtlingen in Kriegsgebieten zu versorgen, bei Katastrophen zur Stelle sein, aber auch in der Nachbarschaft Kinder und Familien unterstützen. Jederzeit, jedem Menschen, vor allem den Schwächsten zu helfen, und das auch noch ohne Geld dafür zu verlangen – wer macht so was? Es sind tausende von ehrenamtlichen und festen Mitarbeitern des Roten Kreuzes. Das Rotkreuz-Landesmuseum in Geislingen an der Steige zeigt die mehr als 150 Jahre währende und bewegte Geschichte der weltweit tätigen Hilfsorganisation. Allein das Jugendrotkreuz hat heute rund 110.000 Mitglieder von 6 bis 27 Jahren, die sich auch für Gesundheit, soziale Gerechtigkeit Frieden, internationale Völkerverständigung und Umweltschutz einsetzen.
Erste nationale Rotkreuz-Gesellschaft in Württemberg
Die Geschichte des Deutschen Roten Kreuzes beginnt im Jahr 1863 mit dem in Stuttgart gegründeten Württembergischen Sanitätsverein. Kurz zuvor hatte der Franzose Henry Dunant nach traumatischen Erfahrungen auf einem Schlachtfeld ein Komitee ins Leben gerufen, das die Pflege verwundeter Soldaten organisieren sollte. Der Württembergische Sanitätsverein, der am 16. Dezember 1863 von eben jenem Komitee als freiwillige Hilfsgesellschaft im Sinne der Konferenzbeschlüsse anerkannt wurde, wurde damit zur ersten nationalen Rotkreuz-Gesellschaft der Geschichte.
Ein engagierter Pfarrer treibt die Bewegung voran
Dem Pfarrer und Lehrer Christoph Ulrich Hahn (1805-1881), einem Neffen des Pfarrers und Erfinders Philipp Matthäus Hahn, hat die Bewegung hierzulande viel zu verdanken. Christoph Hahn rief viele weiter Hilfseinrichtungen ins Leben, darunter eine Volksküche, einen Verein zu Bekleidung armer Leute sowie eine Krankenpflegeschule. Als ausgewiesener Pionier der Diakonie entsandte ihn das württembergische Königshaus als Vertreter zur Gründungsversammlung des Roten Kreuzes in Genf. Die heute geltenden Grundsätze der Hilfsorganisation wurden von der XX. Internationalen Rotkreuzkonferenz 1965 in Wien proklamiert. Hierzu gehören Menschlichkeit, Überparteilichkeit, Unabhängigkeit, Neutralität und Freiwilligkeit.
Am Anfang stand ein Zelt
Die Anfänge des DRK-Museums in Geislingen an der Steige liegen im Jahr 1961, als Rolf Ellinger, der viele Jahre im Haupt- und Ehrenamt arbeitete in die dortige Rettungswache versetzt wird, auf deren Dachboden historische Gerätschaften, Fotos und Archivalien lagern. Zum 90-jährigen Bestehen des Ortsvereins richtet er mit diesen Objekten ein Zelt-Museum auf dem Parkplatz der WMF ein. Die überaus erfolgreiche Schau wird für mehrere Jahre zur Wanderausstellung und tourt durch ganz Baden-Württemberg. Danach beginnt die Idee eines “eigenen” Museums zu reifen. 1987 ist es dann soweit. Im Untergeschoss des neu erbauten Gemeinschaftshauses an der Eyb eröffnet das Rotkreuz-Museum Geislingen an der Steige.
Viele historische Exponate
Über 7.000 Objekte waren dort zu sehen: Krankentragen, Erste-Hilfe-Unterrichtstafeln, Uniformen, Orden, sanitätstechnische Gerätschaften und ein 270 Jahre altes präpariertes Skelett, das einst Ausbildungszwecken diente. 1991 wurde das Museum nochmals erweitert und mit den Themen Medizinische Gerätschaften, Blutspendedienst, Berg- und Wasserwacht, Suchdienst und das DRK in der DDR bestückt. Der Gründer, Rolf Ellinger betreute das Museum, das sich allein durch Spenden finanzierte, lange Jahre. 2004 wurde es dem Kreisverband Göppingen überschrieben und von Mitgliedern des Ortsvereins Geislingen betrieben.
150 Jahre Deutsches Rotes Kreuz
Ein kompletter Neubau eröffnete pünktlich zum Jahr 2013, dem 150-jährigen Jubiläum des Deutschen Roten Kreuzes seine Pforten.”Das geislinger Rotkreuz-Museum gehört nicht nur zu den modernsten in deutschland, sondern besitzt auch eine besonders wertvolle Sammlung”, sagt Museumsleiter Jens Currle. Das erste Landesmuseum bundesweit, das die baden-württembergischen Landes- und Kreisverbände des DRK finanziert haben, gliedert sich in zwei Bereiche. In einem Zeitoval erfährt der Besucher Einzelheiten über Geschichte, Aufgaben und Selbstverständnis des Roten Kreuzes in Bezug zum Weltgeschehen von den Anfängen bis heute. Der zweite Teil ist der Entwicklung des Roten Kreuzes in Baden-Württemberg bis in die neuere Zeit gewidmet.
Die Handmarie bleibt ein Geheimnis
Lebensgroße Figurentafeln führen durch die Ausstellung und informieren zu Themen wie Rettungsdienst, Bergwacht, Katastrophenschutz, Suchdienst, Jugendrotkreuz, Ausbildung, Sozialdienst und Schwesternschaften. Den Krankentransport und den Rettungsdienst repräsentieren eine Handmarie aus dem Jahr 1914. Dabei handelt es sich um eine Trage mit Rädern, “aber kein Mensch weiß, woher der Name stammt”, erzählt Currle. Eine weitere Besonderheit ist ein Rettungswagen Citroen HY, Baujahr 1965 mit Oldtimercharme. Ein umgebauter Mercedes lädt zur simulierten Einsatzfahrt ein. An Hör-, Film- und PC-Stationen und im Kino-Zelt können die Besucher selbst aktiv werden. Bei einer Museumsrallye durch alle Abteilungen dürfen Kinder die Ausstellung spielerisch erfahren und sich im Museumsshop im Foyer ihren Rallye-Preis abholen.