Warum der Wackelpudding wackelt und Gummibärchen biegsam sind

Der Weltmarktführer Gelita AG aus Göppingen stellt seit 135 Jahren Gelatine her

© Gelita AG

Die 1875 gegründete Gelita AG ist einer der traditionsreichsten Gelatineproduzenten der Welt. Jährlich stellt das Unternehmen an die 80.000 Tonnen Gelatine her. Das entspricht etwa einem Drittel der weltweit produzierten Menge. Unterschiedliche Gelatinetypen werden für Lebensmittel, Pharmazeutika, gesundheitsfördernde Produkte, Futtermittel sowie für die Fotografie benötigt. Ausgangsstoffe sind je nach Anwendungsgebiet Schweineschwarten, Rinderspalt oder Knochenschrot, die nach strengen Qualitätsvorschriften in einem aufwendigen Verfahren verarbeitet werden.

Wer am Göppinger Standort des weltgrößten Gelatineproduzenten Gelita AG eine Werksbesichtigung machen will, wird überrascht sein: Die Herstellung von Gelatine zeigt sich nämlich als nahezu geschlossenes System aus Edelstahlbehältern und Rohren, ähnlich wie man es von Molkereien kennt. Zur Herstellung des reinen kollagenen Proteins werden nur frische, gekühlt angelieferte Rohstoffe wie Schweineschwarten, Rinderspalt oder Knochenschrot vewendet. Schweineschwarten, die hauptsächlich für Lebensmittelgelatine verwendet werden, werden in der Regel sogar innerhalb 24 Stunden nach der Schlachtung verarbeitet. Dabei liefern sechs Kilogramm Schwarte ein Kilogramm Gelatine.

"Das Material stammt ausschließlich von gesunden und vom Veterinär zum Verzehr freigegebenen Tieren. Es unterliegt den strengen Vorschriften der Fleischgewinnung und einer lückenlosen Herkunftskontrolle", erklärt Michael Teppner, Leiter der Unternehmenskommunikation der Gelita AG. Rund zwei Drittel der weltweit produzierten Gelatine werden als Speisegelatine genutzt. Gelita produziert mit jährlich 80.000 Tonnen gut 27 Prozent des weltweiten Bedarfs. Im Göppinger Werk sind über 80 Mitarbeiter beschäftigt.

Vom Sud gegen Gelenk- und Magenschmerzen…

Die meisten Menschen denken bei Gelatine sofort an Gummibärchen, Götterspeise oder Blattgelatine. Doch wer denkt beim Genuss von Mousse au chocolat, Pudding, Joghurt, Halbfettmargarine oder Suppe an Gelatine? Tatsächlich sind viele dieser Produkte auf die Funktionalität von Speisegelatine angewiesen – als Geliermittel, Stabilisatoren, Bindemittel, Emulgatoren, Film- oder Schaumbildner. Vereinfacht gesagt, kommt das nicht allergene Naturprodukt überall dort zum Einsatz, wo es darum geht, den Lebensmitteln Form und Stabilität zu geben oder beispielsweise Fett, Zucker und somit Kalorien zu reduzieren. Lebensmittelrechtlich wird Gelatine selbst als ein Lebensmittel gesehen und hat daher keine E-Nummer, ist also kein Lebensmittelzusatzstoff. Auch für Medikamentenkapseln, Futter- und Waschmittel, für Zündholzköpfe, ja sogar für Verfahren der Papier- und Buchrestauration und in der modernen Fotografie ist Gelatine unentbehrlich.

Eine ihrer besonderen Eigenschaften ist seit Jahrhunderten bekannt. So empfahl schon die Universalgelehrte des Mittelalters, die heilige Hildegard von Bingen, bei Gelenk- und Magenschmerzen "oft und reichlich" einen Sud aus Rinderfüßen einzunehmen.

… zum Industrieprodukt

Bereits bei den alten Ägyptern wurden Lebensmittel in Gelee als besondere Delikatesse angeboten. Im 18. und 19. Jahrhundert war jede Hausfrau in der Lage, einen Sud herzustellen, der, wenn er hoch genug konzentriert war, beim Erkalten gelierte. Das war jedoch so zeitaufwendig, dass bereits im Jahr 1818 die erste industrielle Gelatine produziert wurde – damals im französischen Lyon. Die Vorgänger des heutigen Weltmarktführers Gelita begannen mit dem Aufbau industrieller Gelatineproduktionen im Jahr 1875 in Göppingen und Schweinfurt.

Die heutige Gelita ist in fast 135 Jahren durch zahlreiche Fusionen entstanden. Mit vier deutschen Produktionsstätten und weiteren Standorten auf allen Kontinenten ist sie in allen relevanten Anwendungsgebieten für Gelatine die Nummer eins. In Göppingen selbst wird seit 1972 nur Schweineschwartengelatine produziert. In Europa wird wegen der höheren Verfügbarkeit in der Lebensmittelindustrie hauptsächlich Schweineschwartengelatine eingesetzt. In Südamerika mit seinen riesigen Rinderherden sieht das wieder ganz anders aus. Aber auch in Europa werden Produkte ausschließlich mit Rindergelatine angeboten, für Menschen beispielsweise, die aus religiösen Gründen kein Schweinefleisch essen.

Selbst bei industriellen Verfahren, wie Gelita sie entwickelt und optimiert hat, bleibt die Gelatineherstellung aufwendig. Rund drei Tage lang dauert es, bis aus Schweinschwarten Gelatine wird. Zuerst werden die Ausgangsstoffe mit Säuren oder Laugen vorbehandelt, um das Eiweiß "aufzuschließen", also lösbar zu machen. Dann wird es durch wiederholte Zugabe von Warmwasser in mehreren Temperaturstufen extrahiert. Für die Verwendung in unterschiedlichen Produkten werden so Gelatinen mit unterschiedlicher Gelierfestigkeit gewonnen; die Gelierfähigkeit wird in "Bloomgramm" bzw. kurz "Bloom" gemessen. In Hochleistungsseparatoren wird die gewonnene noch dünnflüssige Gelatinelösung von Fettspuren, Kollagenfasern und Salzresten befreit.

Nach dem Erhitzen auf mehr als 90 Grad Celsius wird der größte Teil des Wassers in Vakuum-Eindampfanlagen schonend und energiesparend aus der Gelatinelösung entfernt, ehe sie bei bis zu 140 Grad Celsius sterilisiert und über spezielle Kühler zum Erstarren gebracht wird. Das entstandene Gel wird getrocknet und zu Pulver gemahlen. Vor dem Versand erfolgt die endgültige Freigabe durch ein Kontroll-Labor. "Neben der typischen Pulvergelatine für die industrielle Weiterverarbeitung gibt es eine Reihe von Sonderformen wie Blattgelatine oder Instantgelatine", sagt Michael Teppner.

Mit Innovationen gegen die Krise

Die Gelita AG hat nicht nur Pionierarbeit bei Gelatineprodukten geleistet, sondern auch bei der Entwicklung von Technologien zur Herstellung verschiedener Gelatinen. Alle Gelita-Werke erfüllen höchste Standards und sind mit modernsten wartungsfreundlichen Anlagen ausgestattet. "Was den Umweltschutz und die Vermeidung der Anwohnerbelästigung betrifft, sind wir Vorbild und Trendsetter der Branche", so Michael Teppner. "Unsere innovativen Biofilter reinigen die Prozessabluft so wirksam, dass sie inzwischen auch in anderen Branchen eingesetzt werden."

Die Zukunftsaussichten sind gut. "Unsere Innovationspipeline ist gefüllt", sagt Michael Teppner. "Gerade haben wir Fortigel erfolgreich am Markt eingeführt, dessen spezielle Aminosäuresequenzen nachweislich bei der weit verbreiteten Volkskrankheit Arthrose helfen. Zudem können wir den Fettgehalt in Schokolade, Mayonnaise und vielen anderen Produkten erheblich reduzieren."

Im Jahr 2008 beschäftigte die Gruppe 2.700 Mitarbeiter und setzte 400 Millionen Euro um. "Gelita" ist seit 1930 der weltweit einzige Markenname für Gelatine und das Synonym für deutsche Qualitätsstandards.

GELITA AG:
Werk Göppingen: Großeislinger Straße 46, 73033 Göppingen, Tel. 07161-9742-0, Fax 07161-9742-77,
Michael Teppner (Kommunikation/PR) c/o Hauptverwaltung Eberbach, Tel. 06271-84-2190, Fax 06271-84-2718, E-Mail michael.teppner@gelita.com, http://www.gelita.com