Wenn in Leonberg bei der Firma Imsys vom Tauchen gesprochen wird, dann geht es nicht um Wasser, Flossen und Schnorchel. Es geht auch nicht um endlose Tiefen von Ozeanen oder bunte Korallen. Und doch hat es damit zu tun: Denn bei Imsys tauchen Kunden in eine fremde Welt – aber eine Virtuelle. Aus Taucherbrillen werden 3-D-Brillen. Zu beobachten sind keine Fische, sondern große Maschinen und Autos. „Wir bauen mit der Technologie eine Brücke zwischen realer und virtueller Welt – und keine Ersatzwelt“, sagt Tankred Franco Magg, einer von zwei Geschäftsführern bei Imsys. Unternehmen bekommen dort durch den virtuellen Tauchgang einen Blick in die spätere Wirklichkeit.
Aus realer Welt wird eine Virtuelle
Die Imsys GmbH & Co. KG ist eine Agentur und berät Firmen, die sich für so genannte „XR-Technologie“ interessieren. Die Bezeichnung „XR“ kommt aus dem Englischen und steht für erweiterte Realität. Viele verbinden die virtuelle Welt vor allem mit Computerspielen. Längst ist sie aber auch in der Industrie angekommen. Durch ein Zusammenspiel von Daten, Computer-Programmen, Displays und einer 3-D-Brille wird die echte Umgebung in eine virtuelle verwandelt.
Daten einspeisen und Maschine ausspielen
Damit die virtuelle Welt funktioniert, sind Daten notwendig. Das können Abmessungen eines Raums sein oder so genannte CAD-Daten von Maschinen. Sie sind quasi ein digitaler Bauplan und beschreiben Eigenschaften von Maschinen – wie die Größe und andere Besonderheiten. Eine Software spielt die Daten ein und visualisiert sie dann. Mit einer 3D-Brille können Maschinenbauer so ihre produzierende Maschine genau überwachen. Monteur*innen können sich sogar in die virtuelle Maschine begeben und so Schwachstellen entdecken. Was aus Sicherheitsgründen undenkbar ist, wird durch XR-Technologie möglich.
Viele Berufe unter einem Dach
Die Imsys GmbH & Co. KG wurde 2004 gegründet und besteht heute aus 14 Mitarbeitenden. Zunächst war das Leonberger Unternehmen ein Hardware-Spezialist. Daraus ist heute eine Agentur für XR-Technologie geworden, was es bundesweit nur selten gibt. „Wir sind einer von drei Playern in Deutschland“, sagt Magg. Das Unternehmen macht weder die Hardware noch die Software selbst. Stattdessen bringt die Agentur beides zusammen. Dafür ist ein Team nötig, das sich mit IT, Software und Medientechnik auskennt. Auch Kreativität und handwerkliches Geschick sind gefragt, wenn aus Hard- und Software ein Komplett-Paket für die Kunden aufgebaut wird. Geschäftsführer Magg war zunächst Schreiner und Künstler und kam über Umwege in die Beratung für virtuelle Realität.
Audi und Deutsche Bahn als Partner
Heute unterstützt er mit seinem Team Kunden aus der Automobilbranche – wie Audi, VW, Porsche und Mercedes-Benz. Auch die Deutsche Bahn und das Landeskriminalamt Baden-Württemberg wenden sich an das Leonberger Unternehmen, um virtuelle Möglichkeiten zu testen und sich beraten zu lassen. In Zukunft will Imsys noch gezielter den mittelständischen Maschinenbau adressieren. Denn durch einen hohen Innovationsdruck in der Industrie verändert sich die virtuelle Technologie dort besonders schnell. Deshalb kooperiert Imsys zum Beispiel mit dem Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation und der Hochschule für Technik Stuttgart. „Das ist sehr wertvoll, weil uns die Wissenschaftler aufzeigen, was zukünftig möglich sein wird. Diese Entwicklungen tragen wir dann weiter in die Industrie“, sagt Magg.
Sinne stark beansprucht
Doch es gibt Einschränkungen. Zu lange darf der Tauchgang in die virtuelle Welt nicht dauern, da er die menschlichen Sinne stark beansprucht. „Der virtuelle Tauchgang sollte nicht länger als 30 Minuten dauern“, so der Geschäftsführer. Er rät seinen Kunden, sich gut auf den Ausflug in die virtuelle Welt vorzubereiten und im Nachgang gemeinsam über die Erfahrungen zu sprechen.
Gut erreichbar in Leonberg
Für die Zukunft sieht Geschäftsführer Magg das Unternehmen gut aufgestellt. Im kommenden Jahr soll der Umsatz erstmals auf 4 Millionen Euro steigen. Dank der Autobahn-Anbindung in Leonberg ist Imsys bestens zu erreichen. Kleinere Veränderungen soll es bald aber in den Räumlichkeiten geben: Die Werkstatt weicht zunehmend Präsentations-Flächen zum Erleben der virtuellen Technik. Damit schafft sich Imsys mehr Platz für weitere Tauchgänge in die endlosen Tiefen der virtuellen Welt.
Autor: Jannik Hausmann