Ob edle Metallteile für den neuen Bugatti, Prothesen oder Bandscheibenimplantate, Spikes für Laufschuhe oder ein Motorengehäuse für den Airbus A380: Die Bernd Kußmaul GmbH in Weinstadt-Großheppach bei Stuttgart gilt als eine der ersten Adressen, wenn es um die Fertigung feinmechanischer Spezialteile für den Maschinen- und Automobilbau, die Luft- und Raumfahrt sowie die Medizintechnik geht. Die Tüftler aus dem Remstal zeichnen dabei vorwiegend für die Entwicklung und Qualitätssicherung verantwortlich, behalten aber von der Produktplanung bis zum Endprodukt alles unter ihrer Kontrolle. Für die Herstellung hat Geschäftsführer und Firmengründer Bernd Kußmaul gemeinsam mit Zulieferern und Kunden ein Kompetenz-Netzwerk aufgebaut. Der innovative Engineering-Dienstleister beschäftigt 30 Mitarbeiter und erwirtschaftete zuletzt einen Jahresumsatz von 4,5 Millionen Euro.
Wenn der neue Riesen-Airbus A380 zu seinem Jungfernflug abhebt, wird auch ein gut zwanzig Zentimeter großes, von der Bernd Kußmaul GmbH gefertigtes Motorengehäuse mit in die Luft gehen. Der Dienstleister für Fertigungsprozessketten aus Weinstadt-Großheppach begleitet die Entwicklung des Frachtladesystems des neuen Großraum-Flugzeugs und lässt dafür Bauteile fertigen. “Wir haben den Auftrag für die Fertigung inklusive Beschichtung und Qualitätssicherung vom Systemzulieferer bekommen”, sagt Bernd Kußmaul, Gründer und Geschäftsführer des gleichnamigen Unternehmens. Die technische Besonderheit dieses Airbus-Bauteils liege in der Verbindung zweier Beschichtungstechnologien. Wenn die A380 in Serie geht, wird Kußmaul als Teilelieferant mit im Geschäft sein.
Doppelte Kernkompetenz: Engineering-Dienstleister und Projektmanager
Die erste Kernkompetenz der Bernd Kußmaul GmbH liegt im Bereich von Entwicklung, Fertigung und Qualitätssicherung feinmechanischer Teile für den Maschinen- und Automobilbau, die Luft- und Raumfahrt sowie die Medizintechnik. Die Produktion wird dabei an Partnerfirmen vergeben, die meist ebenfalls aus der Region Stuttgart kommen. Dafür wurde eine digital geplante und kontrollierte Fertigungskette für Prototypen und Serienteile aufgebaut.
Die zweite Kernkompetenz liegt im Bereich des Projektmanagements. Hier begleitet die Bernd Kußmaul GmbH Unternehmen als integrierter Partner, bringt Ideen für neue Technologien ein, nutzt Synergien für die wirtschaftliche Optimierung von Produktionsprozessen und baut die Prozessketten für die Herstellung mit auf. “Wir begreifen uns als moderner Engineering-Dienstleister, der eine gut funktionierende Koordinations- und Kommunikationsplattform zur Verfügung stellt”, beschreibt Bernd Kußmaul das Selbstverständnis seines Unternehmens. Seine Auftraggeber profitieren nicht nur vom technischen Know-how der Bernd Kußmaul GmbH, sondern auch von der Kompetenz des gesamten Fertigungsnetzwerkes, das über die Jahre aufgebaut wurde. Für dieses Netzwerk und die vorbildliche Nutzung von Synergien und Kommunikationswegen wurde die Bernd Kußmaul GmbH im Jahr 2004 mit dem “TOP 100”-Gütesiegel für innovative deutsche Mittelständler ausgezeichnet. Die Zertifi-zierung nach DIN-EN-Norm war bereits im Jahr 2002 erfolgt.
Serienlieferant für Bugatti, Spikes für Adidas-Laufschuhe
Die Bernd Kußmaul GmbH ist vor zweieinhalb Jahren in neue helle, großzügige Firmenräume auf dem ehemaligen Areal des Likörherstellers Jacobi gezogen. In den Regalen demonstrieren Exponate, womit sich die Fertigungsspezialisten einen Namen gemacht haben. Neben dem Airbus-Motorengehäuse ist die Mitarbeit am neuen Modell des Bugatti Veyron eines der wichtigsten Prestigeprojekte. Kußmaul hat die Entwicklung des Luxusautomobils begleitet und Produktionsprozessketten für diverse Exterieur-, Interieur- und Motorenteile aufgebaut. Da der Bugatti Veyron nur in geringer Stückzahl gebaut wird, bekam Kußmaul sogar den Zuschlag als Serienlieferant. Auch das sei ein Ergebnis des hohen Anspruchs an sich selbst, sagt Bernd Kußmaul. “Wir geben uns nie mit der zweitbesten Lösung zufrieden, wir sind immer bereit Neues zu wagen und wir feilen an jedem Produkt so lange, bis die optimale Lösung gefunden ist – mit dieser Haltung haben wir uns das Vertrauen eines treuen Kundenstamms erworben.” Ein wettbewerbsfähiges Paket habe man auch im Lenkungsmarkt, hier sei Thyssen Krupp Presta SteerTec ein wichtiger Kunde. Beim Audi Quattro RS4/RS6 ist Kußmaul als Entwicklungspartner und Teilelieferant mit von der Partie.
Auch weitab von der Automobilindustrie feiert die Bernd Kußmaul GmbH Erfolge. So liefen bei den olympischen Spielen in Sydney zwei Leichtathleten auf Adidas-Schuhen zum Sieg, für die Kußmaul spezielle Spikes mitentwickelt hatte und anfertigen ließ. Diesen Renommier-Auftrag verdanke man nicht zuletzt einem “gelungenen Beziehungsmanagement”, so Bernd Kußmaul. Aufgrund der langjährigen, vertrauensvollen Zusammenarbeit mit Kunden und Partnerfirmen ist auch ein gut funktionierendes Kommunikationsnetzwerk entstanden.
Am Anfang stand ein Schnellteileservice
Als Bernd Kußmaul 1996 sein Unternehmen gründete, startete der vormalige Einkäufer beim Rennsport-Unternehmen AMG als Spezialist für die Beschaffung mechanischer Bauteile in den Bereichen Maschinenbau und Medizintechnik. Mit der Beauftragung für das erste Audi RS4-Projekt 1999 entwickelte sich das Geschäftsfeld mehr und mehr in Richtung Projektmanagement. Seit Jahren hat das Unternehmen aus Weinstadt-Großheppach eine ständige Niederlassung bei Audi in Ingoldstadt; über die Eröffnung eines Büros bei Volkswagen in Wolfsburg wird demnächst entschieden. Die direkte Kommunikation mit Kunden und Fertigungspartnern ist von größter Bedeutung – nicht zuletzt für die Arbeitsplätze in der Region Stuttgart. In der Entwicklungsphase eines Projekts arbeitet man auch bei Kußmaul längst mit Technologien wie CAD (Computer Aided Design), PMU/DMU und anderen Simulationsverfahren, dank derer man auf aufwändige Prototypen immer öfter verzichten kann. Die Mitgliedschaft im Fellbacher Kompetenzzentrum VDC (Virtual Dimension Center) eröffnet Kußmaul die Möglichkeit, ergänzend zum hauseigenen elektronischen Equipment, modernste Simulations-Technologien zu nutzen. “Zeichnungen werden heute eigentlich nur noch für die Qualitätssicherung benötigt, beim Bugatti-Projekt beispielsweise war die komplette Fertigung datengesteuert”, erläutert Bernd Kußmaul. Der Unternehmensgründer ist überzeugt davon, dass man mit innovativen Konzepten und Mut zu Investitionen auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten einiges erreichen kann. “Der Standort Deutschland und speziell die Region Stuttgart bieten doch ideale Voraussetzungen.” Wenn auch die aktuellen Verhandlungen mit einem japanischen Unternehmen zu einem positiven Ergebnis führen, wird er womöglich bald Serienteile nach Fernost liefern. Dann wird die Umsatzprognose für 2005 – nach 4,5 Millionen Euro im Jahr 2004 sollen es in diesem Jahr mindestens 5,5 Millionen werden – erneut nach oben korrigiert werden müssen.