Nuclear Blast aus Donzdorf ist das größte unabhängige Metal-Plattenlabel der Welt

Von der One-Man-Show zum Metall verarbeitenden Weltunternehmen: Das Metal-Plattenlabel Nuclear Blast aus Donzdorf verkauft jährlich zwei Millionen Tonträger

Mitten im schwäbischen Donzdorf bei Göppingen, befindet sich der Sitz der 1987 gegründeten Tonträgerproduktions- und Vertriebs-GmbH Nuclear Blast. Der damals gerade mal 17 Jahre alte Gründer und heutige Geschäftsführer Markus Staiger schaffte etwas, von dem seine Schulfreunde nur träumten: Aus einem kleinen Mailordervertrieb für Heavy-Metal-Schallplatten und CDs wurde eines der größten Independent-Labels der Welt. Aktuell kümmern sich 80 fest angestellte Mitarbeiter, 40 Aushilfen und fünf Auszubildende um Produktion, Marketing, Großhandel und Vertrieb von Metal-CDs. Ob Heay-Metal, Black-Metal, Speed- oder Trash-Metal – derzeit stehen 80 Bands unter Vertrag, darunter in der Szene etablierte Namen wie "Nightwish", "Manowar" oder "Anthrax", aber auch regionale Größen wie die Stuttgarter New-Metal-Band "Farmer Boys". Vertriebspartner in allen europäischen Ländern sowie in Los Angeles und São Paulo tragen dazu bei, dass bei einem Umsatz von 18 Millionen Euro jährlich 50 neue CDs und DVDs erscheinen und zwei Millionen Tonträger verkauft werden. In Kürze sollen der chinesische und der indische Markt für Metal-Musik aus Donzdorf erschlossen werden.

Wo anders sollte das Herz eines unabhängigen Metal-Platten-Labels schlagen, als in baufälligen Industriekomplexen, verwinkelten Hinterhofgebäuden oder zweckdienlich umgebauten Garagen, aus denen rund um die Uhr Bässe und Gitarrenmusik wummern? Wer sich die Zentrale des Metal-Labels Nuclear Blast so vorstellt, täuscht sich gewaltig. Tatsächlich findet man das Unternehmen in einem modernen Bürokomplex mit zeitgemäß möbelierten und mit PC oder Laptop ausgestatteten freundlichen Räumen. Im penibel geführten Lager werden 4.000 Artikel gehandelt; Arbeitszeiten, Kaffee- und Mittagspausen sind mitarbeiterfreundlich geregelt. Diese Normalität macht es dem Besucher schwer, in diesen Büros der 11.500-Einwohner-Gemeinde Donzdorf am Fuß der Schwäbischen Alb das größte unabhängige Plattenlabel der Welt zu vermuten. Wenigstens die vielen langhaarigen, überwiegend schwarz gekleideten jungen Menschen, die geschäftig durch die Korridore streifen, verhindern, dass man das Unternehmen mit einer Versiche-rungsgesellschaft verwechselt. Wenn dem Besucher dann schließlich doch noch lautstarke Gitarrentöne um die Ohren fliegen, fängt er endlich an zu glauben: Hier werden keine Lebensversicherungen abgeschlossen, hier ist Nuclear Blast. Die Metaller-Welt ist wieder in Ordnung.

Von der One-Man-Show zum Metall verarbeitenden Weltunternehmen

Seine Liebe zur Rockmusik entdeckte Markus Staiger als 17-Jähriger. Anfangs hatten es ihm die großen Bands wie "The Sensational Alex Harvey Band", "Iron Maiden", "Judas Priest" oder "Manowar" angetan; bald aber begann er wenig bekannte Bands wie "The Rods" oder "Viva" zu favorisieren. Wenig später interessierte er sich für den erfolgreichen Trash-Metal von "Metallica", "Slayer" und "Destruction", auch US-Hardcore Bands wie die "Dead Kennedys" hatten großen Einfluss auf seinen Musikgeschmack. Nach einem USA-Aufenthalt und dem Besuch eines Konzertes seiner Lieblings-Metallerband "Blast" stand für Staiger fest, dass er in Deutschland ein Plattenlabel für Metal-Music gründen würde. Seine Firma sollte "Nuclear Blast" heißen, das Cover der ersten Vinyl-Compilation zierte das Bild einer atomaren Explosion, die erste Edition von 1.000 Stück war in einem Jahr ausverkauft.
Death-Metal, der den Urstil Heavy-Metal an Geschwindigkeit und Aggressivität übertrifft, war zwischen 1990 und 1993 der letzte Schrei in der Metal-Szene. "Für Laien ist es schwer, die verschiedenen Stilrichtungen des Metal, der seine Ursprünge im Hard Rock der 1970-er Jahre hat, zu unterscheiden; aber Substile wie der Power Metal, der Progressive Metal, der Gothic-Metal und der Melodic-Metal unterscheiden sich ganz erheblich", erklärt Nuclear Blast-Gründer Markus Staiger. "Die Bandbreite reicht von extrem einfachen, meist stark rhythmisch treibenden Songstrukturen bis zu filigran ausgefeilten multiinstrumentalen Kompositionen, vom krächzenden Gebrüll bis zu opernartigen Ge-sangskünsten, von extrem langsamen bis rasant schnellen Rhythmen."
Die Anzahl der Bands und der Metal-Stile bei Nuclear Blast wuchs Jahr um Jahr. Seit Bands von Nuclar Blast vor zehn Jahren erstmals in die Charts gelangten, wiederholte sich das Glücksgefühl über 200 Mal. Die Goldenen Schallplatten, die Nuclear Blast-Bands – aktuell stehen 80 Gruppierungen unter Vertrag und die Heavy-Metal-Kundschaft gilt als kauffreudig – eingespielt haben, reichen zwar nicht aus, um die Wände der Büros zuzupflastern, sehen lassen kann sich die Sammlung aber allemal.
Kontinuierlich haben sich die Donzdorfer Metaller nach oben gearbeitet: Nuclear Blast setzt weniger auf schnelle Charterfolge im Singlemarkt, als auf langfristig aufgebaute Bands und qualitativ gute Alben.

Erfolgsgeheimnis: Musikverständnis und "Schaffermentalität"

"Jedes Jahr bringen wir an die 50 Neuerscheinungen heraus", berichtet der Labelmanager Matthias Lasch stolz. "Für mich ist es immer noch unvorstellbar, wie erfolgreich wir mit unserem Label sind. Von unseren rund 800 Veröffentlichungen haben wir bereits 15 Millionen Schallplatten und CDs verkauft", so der gelernte Industriekaufmann Lasch, der Freizeit und Urlaub für seine Karriere als Bassist der Bands "Sinner" und "Primal Fear" opfert, weiter. Es sei ein gewaltiger Irrtum, zu glauben, die harte und oft auch düstere Metal-Music würde nur in den engen Zirkeln von Lederkutten tragenden Bikern oder Dark-Wave-Fans gehört. "Viele von uns hier üben ganz normal ihren Beruf aus, den sie gelernt haben; allein die Liebe zur Musik ernährt einen meistens nicht."
Trotzdem gibt es bei Nuclear Blast überdurchschnittlich viele Quereinsteiger, etwa in der Vertragsabteilung und im Rechnungswesen, bei Grafik, Promotion, Vertrieb und Großhandel. Dass sie alle eingefleischte Metal-Freaks sind, verbindet – kaum einen anderen Job könnten sie mit ähnlicher Begeisterung ausüben. Dennoch wird – bei aller durchaus authentischen Affinität zu Musik, die hier vermarktet wird – bei Nuclear Blast die Pünktlichkeit so groß geschrieben wie in einem soliden schwäbischen Mittelstandsunternehmen. Einerseits sorgen Stempeluhren für geregelte Arbeitszeiten, andererseits beklagt sich niemand, wenn mal wieder Überstunden fällig sind. Die 125 Mitarbeiter identifizieren sich überdurchschnittlich stark mit ihrem Unternehmen, das mit zwei Millionen verkauften Tonträgern jährlich 18 Millionen Euro Umsatz macht und Donzdorfs zweitgrößter Steuerzahler ist.

Der 148 Seiten starke Mailorder-Katalog ist die Bibel für Metal-Fans

In dem 148 Seiten starken Mailorder-Katalog, der in diesem Jahr in der unglaublichen Auflage von 200.000 Exemplaren erschien und an 120.000 Kunden in aller Welt verschickt wurde und sogar ab Sommer 2005 am Kiosk zu kaufen ist, kann der eingefleischte Metaller alles finden, was sein Herz begehrt. Mehr als 5.000 Artikel – neben CDs auch Videos, Bücher und Merchandise-Produkte – füllen die Seiten des heiß ersehnten und geliebten Katalogs. Die Internet-Version zum runterladen ist direkt mit dem Online-Shop verknüpft.
Vor knapp einem Monat eröffnete der neue digitale Musik-Shop von Nuclear Blast – zurzeit die größte Plattform für digitale Metal-Musik im Netz. "Darunter sind Titel von Bands aller Metal-Genres seit dem Beginn unseres Unternehmens, aber auch viele Neuerscheinungen", sagt Matthias Lasch. "Der User kann sich an die 30.000 Musiktitel runterladen."
Vertriebspartner in allen europäischen Ländern sowie Dependancen in Los Angeles und São Paulo sollen sicher stellen, dass die Musik der Nuclear Blast-Künstler bis in die hintersten Ecken der Erde gelangt. Lediglich in Indien und China konnten die Donzdorfer bislang noch nicht Fuß fassen. Das wird sich nun bald ändern – in China werden gerade die ersten Veröffentlichungen vorbereitet: "Hard ’n Heavy by Nuclear Blast."

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Nuclar Blast Tonträger Produktions- und Vertriebs- GmbH:
Matthias Lasch, (Personalchef), Oeschstraße 40, 73072 Donzdorf, Tel. 07162-9280-0, Fax 07162-224554, E-Mail mat@nuclearblast.de, www.nuclearblast.de