Nun hat sie hat den Auftrag erhalten, die größte Hon-Maschine der Welt zu bauen. Es ist ein Prestigeobjekt und gleichzeitig eine technische Herausforderung an die Konstruktionsabteilung. Die riesige Maschine wird eine Länge von etwa 45 Metern haben. "Darauf können Werkstücke bearbeitet werden, die bis zu 150 Tonnen schwer sind. Sie können bis zu 20 Meter lang sein und einem Durchmesser von 2,4 Metern haben", erklärt Verkaufsleiter und Prokurist Werner Knauer. Auftraggeberin ist die Firma Saarstahl aus Völklingen, die auf der Anlage Generatoren- und Turbinenwellen für Energieanlagen bearbeiten wird, aber auch Trägerbohrungen für die europäische Trägerrakete Ariane. Im Frühjahr 2010 soll die zwei Tonnen schwere Hon-Maschine ausgeliefert werden.
Die Nagel GmbH produziert seit 1950 Honmaschinen und Honwerkzeuge. Der Begriff Honen stammt vom englischen Verb to hone, welches ursprünglich das Abziehen oder Wetzen eines Gegenstandes auf einem Stein bedeutete. Im Maschinen- und Werkzeugbau kommt dem Honen große Bedeutung zu. Es ist der letzte Schritt im Fertigungsprozess, im wahrsten Sinne des Wortes der Feinschliff, wenn die Bohrung eines Werkstückes auf das exakte Maß und in die ideale Form gebracht wird, wie etwa bei Zylindern oder hydraulischen Bauelementen. Ein typisches Anwendungsbeispiel ist die Zylinderlaufbahn von Verbrennungsmotoren, in der feine, sich überkreuzende Riefen erzeugt werden, damit sich dort das Motorenöl ablagern kann und ein konstanter Ölfilm die Schmierung des Kolbens gewährleistet.
Das Honen erfolgt üblicherweise auf speziellen Honmaschinen mit senkrechter oder waagrechter Spindel. Das Werkzeug wird in die zu bearbeitende Bohrung des Werkstückes eingeführt und zwei verschiedenen Bewegungsmomenten ausgesetzt – sowohl rotierend (drehend) als auch oszillierend (längs hin und her). Stahl lässt sich nur mit härtesten Mineralen bearbeiten. Schneidmaterial ist daher Diamant oder CBN, ein Mehrschichten-Schneidstoff und Hochleistungsschleifmittel.
Die Firma Nagel gehört zu den Spezialisten im Bereich Honen und Finishen von Werkstücken. Mit der Autoindustrie, die zu den Hauptkunden gehört, erwirtschaftet das Unternehmen rund 75 Prozent seines Umsatzes. Trotz der derzeitigen Krise ist man bei Nagel zuversichtlich." Wir haben einen hohen Auftragsbestand und die Auftragsbücher sind noch bis ins Jahr 2010 gut gefüllt," sagt Michael Nagel, zuständig für Vertrieb und Marketing. Das Unternehmen aus Nürtingen Zizishausen beschäftigt weltweit 1.200 Mitarbeiter. Allein am heimischen Standort sind es 330, die anderen arbeiten in Produktionswerken in England, den USA, Brasilien, Indien, China oder Japan.
Da es im Bereich Hontechnologie nur sehr wenige Hersteller gibt, besetzt Nagel mit seinen Maschinen einen Nischenmarkt. "Wir verfügen über eine große Fertigungstiefe. Annähernd 90 Prozent der mechanischen Teile werden in Nürtingen gefertigt, bekräftigt Michael Nagel. Das zweite Standbein des Traditionsunternehmens liegt im Bereich Finishing. Hier geht es um die Bearbeitung der Außenflächen. Kurbelwellen und Nockenwellen erhalten auf diese Weise ihre glatte Oberfläche.
Die Tochterfirmen Elgan und Kadia , die ebenfalls in Nürtingen ihren Sitz haben, ergänzen die Produktpalette von Nagel. Die ELGAN-Diamantwerkzeuge gehört zu weltweit führenden Herstellern von Honwerkzeugen und Schneidmitteln, die in der hochpräzisen Fertigung zum Einsatz kommen. Die Kadia Produktion ist ebenfals im Bereich der Hontechnologie tätig. Im Unterschied zu Nagel ist man bei Kadia auf die Bearbeitungen von Bohrungen mit einem Durchmesser spezialisiert, die kleiner als 60 mm sind.
Zusätzlich entwickelt Kadia speziell zugeschnittene Maschinen zum Entgraten von Werkstücken – das innovative System kombiniert herkömmliche Maschinen mit Industrierobotern. Der Vorteil besteht darin, dass keine neue Maschine notwendig ist, sondern die Roboterzellen eine flexible Anpassung an verschiedene Werkstücke und Operationen garantieren. Kadia Roboterzellen sind unter anderem bei Daimler und BMW zum Entgraten von Flächen, Kanten und Bohrungen von komplexen Motorkomponenten im Einsatz.
Das richtige Honen gleicht einem technischen Kunstwerk, denn je nach Einsatzgebiet arbeiten die Hon-Maschinen von Nagel bis auf den Tausendstel Millimeter genau. Was Qualität und Anspruch betrifft, bewegen sich diese Geräte auf einer Ebene mit der feinmechanischen Welt der Uhren- oder Medizintechnik.