Die Alfred Scholpp GmbH & Co. KG ist seit über einem halben Jahrhundert als Kranspezialist bekannt. Dieser Bereich spielt für das Stuttgarter Unternehmen bis heute eine wichtige Rolle, allerdings tragen die Geschäfte als internationaler Systemdienstleister, der auch die Verlagerung und Montage kompletter Produktionsanlagen anbietet, inzwischen mehr zum Umsatz bei als das Krangeschäft. Was sich kaum ein Mitbewerber zutraut, ist für Scholpp eine willkommene Herausforderung: Mit spektakulären Transporten und Montagen – wie der Bestückung des Mercedes-Benz Museums in Stuttgart mit 160 exklusiven Automobilen oder dem Transport einer russischen Raumfähre ins Technik Museum Speyer – macht der Spezialanbieter immer wieder von sich reden.
Nach seiner Eröffnung im Mai 2006 wurde das Mercedes-Benz Museum in Stuttgart schnell zum Publikumsmagneten; bis heute bestaunten weit über eineinhalb Millionen Besucher die innovative Architektur sowie 160 einzigartige Exponate auf 16.500 Quadratmeter Ausstellungsfläche über acht Ebenen. Die teilweise sehr großen und vor allem empfindlichen Fahrzeuge – von der Benz-Motorkutsche über das Papamobil bis hin zu den Formel-1-Silberpfeilen – exakt an Ort und Stelle zu bringen, war auch für erfahrene Logistiker eine seltene Herausforderung. Gut, dass aus der Region Stuttgart nicht nur hervorragende Autos kommen, sondern auch Lösungen für deren Transport an fast beliebige Orte. Den Auftrag bekam die Stuttgarter Alfred Scholpp GmbH & Co. KG, deren Spezialisten für das Museum Transportmöglichkeiten erarbeiten mussten, um Fahrzeuge unterschiedlicher Größenordnung in das nicht einfach zu bestückende Gebäude hineinzubringen – beispielsweise einen exakt auf die “Tücken” der komplizierten Architektur ausgerichteten Spezialaufzug und den eigens auf Elektrobetrieb umgerüsteten “Octopus-Ladekran” mit vier schwenkbaren Armen für die genaue Positionierung. Obwohl der Zeitplan eng war und je nach Ebene völlig unterschiedliche Deckenhöhen, Statikbedingungen und Sicherheitsbestimmungen zu beachten waren, konnten alle Exponate pünktlich und millimetergenau im Museum platziert werden.
Vor wenigen Wochen, Anfang April 2008, zog ein weiterer “Meilenstein der Transportgeschichte” zahllose Schaulustige und Medienvertreter in seinen Bann: Gemeinsam mit der Spedition Kübler aus Schwäbisch-Hall bewerkstelligte Scholpp die Überführung der russischen Raumfähre Buran ins Technik Museum Speyer. Der Transport des gigantischen “Spaceshuttle” – 17 Meter hoch, 40 Meter lang mit einem Rumpfdurchmesser von acht Metern – erfolgte mit Hilfe eines Lastenpontons zunächst auf dem Seeweg. Die Entladung des Schiffes sowie die Platzierung im Museum
übernahm der zweitgrößte Scholpp-Kran.
10.000 Einsätze für die “rote Flotte”
Mit einem Holzgas betriebenen Fahrzeug gründete Alfred Scholpp sein Fuhrunternehmen unmittelbar nach Kriegsende im Jahr 1945. Er erkannte die Chancen, die der Bauboom der Wirtschaftswunderzeit brachte und schaffte in den 1950er-Jahren erste Silozement-Fahrzeuge an. “Den Anfang des Krangeschäfts dokumentiert die Handskizze eines Autokrans, für dessen Umsetzung mein damals 30-jähriger Vater mit dem Ulmer Transporttechnik-Unternehmen Kässbohrer zusammen arbeitete”, sagt Martin Scholpp, der ebenso wie Dr. Petra Nickel und Wolfgang E. Müller Geschäftsführender Gesellschafter der Alfred Scholpp GmbH & Co. KG ist. “So entstand bei Kässbohrer 1956 der erste Autokran KS 36 nach den Handskizzen meines Vaters.”
Seither wirkte Scholpp bei der Technikentwicklung mit und konnte deshalb immer auf die neuesten technischen Errungenschaften zugreifen, darunter der erste 80-Tonner auf 6-Achs-Chassis und einem 32 Meter langen Masten, das erste hydraulische Hubgerüst, der kompakten 8-Tonner Gabelstapler mit dreifachem Hubgerüst und viele hochspezielle Industriekrane. In den 1990ern wurden die technischen Konzepte verfeinert, die weiteren Entwicklungen wurden durch neue hochfeste Stahlsorten, neue gesetzliche Vorgaben für Achslasten und Gesamtgewichte und strengere Bestimmungen für die Erteilung von Fahrgenehmigungen bestimmt. Zusammen mit der Optimierung von Hydraulik und Kran-Steuerung führten die veränderten Rahmenbedingungen zur Entwicklung einer ganz neuen Kran-Klasse; der leichte wendige City-Kran mit optimaler Leistung bei kompakten Abmessungen ohne separaten Ballasttransport wurde 1996 vorgestellt und von Scholpp umgehend eingesetzt. Heute ist die rote Kranflotte unschlagbar; die Einsätze der 40 verschiedenen Modelle, die am Stuttgarter Hafen und zwei weiteren Standorten in Baden-Württemberg bereit stehen, werden so geplant, dass jährlich bis zu 10.000 Aufträge bearbeitet werden können.
Trotz dieser einzigartigen Marktposition sind Krandiensleistungen für Scholpp heute nicht mehr das Hauptgeschäft. “Wir wissen, dass unser Name noch immer fast ausschließlich mit dem Thema Kräne verknüpft wird”, sagt Martin Scholpp. “Das spricht für unsere Bedeutung am Markt, und wir sind stolz darauf, andererseits werden wir damit aber auch verkannt.” Tatsächlich hat das Unternehmen sein Angebot in den vergangenen Jahrzehnten Schritt für Schritt erweitert. Als einer der weltweit führenden Spezialisten erwirtschaftet das Unternehmen mit der Verlagerung und der Montage kompletter Produktionsanlagen bis hin zur Inbetriebnahme rund 75 Millionen Euro, während das Autokran-Geschäft “nur” 15 Millionen Euro zum Gesamtumsatz der Scholpp-Gruppe von 100 Millionen Euro (2007) beiträgt. Seit 1995 werden die Geschäftsfelder Kran und Transport sowie Montage als eigenständige Betriebsgesellschaften unter dem Dach der Alfred Scholpp GmbH & Co. KG geführt. Mit der Übernahme eines mittelständischen Zeitarbeitsunternehmens mit 400 Mitarbeitern führte Scholpp vor kurzen die Marke “TimeProfessionals” als weiteres Geschäftsfeld ein. Auslöser für diese Akquisition waren das große Wachstumspotenzial dieser Branche sowie die Synergien zu bereits bestehenden Geschäftsfeldern, Standorten und Kunden. Vom Stammsitz in Frankfurt am Main und Niederlassungen in Stuttgart, Fulda, Chemnitz und Erfurt aus werden nun weitere Standorte erschlossen.
Mit 25.000 Mannstunden zum “Job of the Year”
Zu einem unentbehrlichen Partner der Automobilindustrie, Druckindustrie und des Maschinenbaus hat sich die Scholpp Montage GmbH entwickelt, die mit rund 700 hoch spezialisierten Mitarbeitern regelmäßig spektakuläre Projekte abwickelt. Für die De- und Remontage der weltweit schwersten Presse für Titan- und Aluminiumteile in Paramount, Kalifornien, – die Anlage, deren Herzstück 240 Tonnen wiegt, wurde in 14 Monaten mit einem Aufwand von 25.000 Mannstunden verlagert – erhielten die Stuttgarter von der amerikanischen “Specialized Carriers & Rigging Association” als bisher einziges nicht amerikanisches Unternehmen die Auszeichnung “Job of the Year”. Nicht weniger aufregend dürfte die Komplettverlagerung von sechs Zeitungsrotationen von Mörfelden (Hessen) ins irische Kells gewesen sein, wo nun täglich Teilauflagen der “Times”, der “Sunday Times”, der “Sun” und der “News of the World” gedruckt werden.
An elf deutschen und sechs internationalen Standorten beschäftigt die Scholpp-Gruppe über 1.000 Mitarbeiter. Weiteres Wachstum will der Systemdienstleister vor allem in Deutschland, Österreich, Polen, Tschechien und der Schweiz generieren; ständige Niederlassungen gibt es bereits in Barcelona, Shanghai, Sao Paolo und Kuala Lumpur (Malaysia). Im laufenden Jahr wird die Scholpp-Gruppe weitere Arbeitsplätze schaffen und strebt ein erneutes Umsatzwachstum an, wobei die 100-Millionen-Euro-Marke deutlich überschritten werden soll.