Texte zu verfassen gilt als durch und durch menschliche Fähigkeit. Die Stuttgarter AX Semantics GmbH aber bringt Maschinen das Schreiben bei. Die gleichnamige Software spricht derzeit 24 Sprachen und kann zahlreiche Wettermeldungen, Produkttexte, Pressemitteilungen oder Polizeiberichte automatisch produzieren. Das bereitet jedoch so manchem Sorge.
Unbegründet, meinen die rund 50 Redakteure, Programmierer und Sprachwissenschaftler von AX Semantics, da es hauptsächlich Routineaufgaben betrifft. Wer geistreiche Kolumnen, tiefgründige Kommentare oder spitzfindige Rezensionen erwartet, wird enttäuscht oder kann beruhigt werden. “AX Semantics schafft natürlich keinen einzigartigen, persönlichen Text, sondern konfiguriert und variiert nach Nutzerwünschen Massentexte”, sagt Saim Alkan, Geschäftsführerbei AX Semantics. Dennoch hat die maschinelle Texterstellung das Potenzial, Arbeitsabläufe in Redaktionen grundlegend zu verändern.
Basis für jede dieser Texterstellungen ist ein gut sortierter und klassifizierbarer Datensatz. Je umfangreicher und gepflegter die Daten, desto besser das Ergebnis. Zeitungshäuser oder Nachrichtenorganisationen können mit Hilfe der maschinellen Produktion von standardisierten Texten oder sich wiederholenden Redewendungen eine größere Menge an Themen bedienen und mit der Geschwindigkeit der aktuellen Berichterstattung Schritt halten.
Wo bisher keine Ressourcen vorhandenwaren, wird es laut AX Semantics-Sprecher Philipp Renger möglich, dass durch die Automatisierung auch kleine lokale Sportereignisse, Stadtfeste oder Flohmärkte eine ausführliche Berichterstattung erhalten. So könnte in Zukunft jedem Leser anhand persönlicher Nutzerdaten ein individuelles Angebot an Nachrichten präsentiert werden. Eine individualisierte Massenproduktion nicht nur von Inhalten, sondern auch die vom Leser bevorzugte Darstellungsform könnte analysiert und entsprechend geliefert werden.
Der Onlinehandel profitiert ebenfalls von individualisierten, auf die einzelnen Nutzer zugeschnittenen Texten. So ist eine Softwareerweiterung für AX Semantics seit Kurzem in der Lage, das Verhalten der Nutzer von Onlineshops auszuwerten und die Inhalte in Echtzeit anzupassen. Dies gilt sowohl für die verschiedenen Textformen als auch für die Verwendung bestimmter Schlüsselwörter.
An weiteren Einsatzmöglichkeiten, wie zum Beispiel der Mensch-Maschine-Kommunikation in Fahrerassistenzsystemen, arbeitet AX Semantics aktuell. Die Softwareschmiede, die ursprünglich als Redaktionsdienstleister gestartet ist, hat ihr Domizil in direkter Nachbarschaft zum Institut für Maschinelle Sprachverarbeitung der Universität Stuttgart in der Stuttgarter Innenstadt – ein Vorteil auch bei der Gewinnung neuer Mitarbeiter oder studentischer Hilfskräfte.