Mit einer großen öffentlichen Auftaktveranstaltung ist am Freitag die IBA-Plattform Region Stuttgart an den Start gegangen. Aufgabe der Plattform ist es, Themen für eine mögliche Internationale Bauausstellung (IBA) in den Jahren 2017 bis 2027 in Stuttgart und der Region zu definieren und dabei alle betroffenen Akteure einzubeziehen. Zudem soll der Plattformprozess mit der Bürgerbeteiligung zur Zukunft des Rosensteinviertels in der Landeshauptstadt zusammengeführt werden.
Rund 250 Vertreter aus Kommunen, Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Gesellschaft waren einer Einladung der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart GmbH (WRS) gefolgt, die den Prozess im Auftrag der Regionalversammlung organisiert. WRS-Geschäftsführer Dr. Walter Rogg sagte, im Gegensatz zu vielen bisherigen IBAs müsse eine Ausstellung in der Region Stuttgart keine akute Krise lösen. Die Region habe aber die Chance, eine “IBA des präventiven Wandels” auf die Beine zu stellen. Als Hauptaufgaben einer regionalen IBA nannte Rogg, Antworten zu finden auf die Flächenknappheit und den Mangel an bezahlbarem Wohnraum, auf die Mobilitätsprobleme in Ballungsräumen und auf den Wandel von Wirtschaft und Gesellschaft durch die fortschreitende Digitalisierung.
Kunibert Wachten, Professor für Städtebau und Landesplanung an der RWTH Aachen und Mitglied im Expertenbeirat der Bundesregierung zur Zukunft der Internationalen Bauausstellung, sieht sehr gute Voraussetzungen für eine IBA in der Region Stuttgart, nicht zuletzt wegen des “symbolträchtigen Datums Weißenhofsiedlung 1927”. In der Region Stuttgart gebe es “eingeübtes regionales Handeln”, die Region sei zudem “eingeübt im Erfinden”, und mit der IBA-Plattform sei eine gute Vorbereitungsphase vorhanden. “Sie brauchen eine Konzentration auf Kernthemen, auch auf unbequeme Themen”, sagte Wachten an die Adresse des Publikums und lobte die offene Debatte. “Alle Probleme der Großstädte lassen sich heute nur regional lösen, Sie haben die besten Voraussetzungen dafür.” Er bezeichnete eine Internationale Bauausstellung als “Start in neue Entwicklungsprozesse, die ihre Wirkung erst nach Jahrzehnten zeigen”.
Wandel im Wohlstand
Als “demokratieerprobte und experimentierfreudige Stadt” bezeichnete Markus Müller, Präsident der Architektenkammer Baden-Württemberg, die Landeshauptstadt. Eine hiesige IBA könne zeigen, wie Wandel im Wohlstand und Stadtplanung in einer demokratischen Stadt funktionieren. Der Wohlstand in der Region verpflichte gleichwohl zu Verantwortung: Die IBA müsse einen globalen Anspruch haben, ähnlich wie auch die Weißenhofsiedlung mit ihrem gestalterischen, politischen und sozialen Anspruch international ausgestrahlt habe. Dafür bräuchte es Mut und “das Zulassen auch absurder Ideen. Es muss auch im Schwabenland nicht immer alles sinnvoll sein.” Aufgabe des Plattformprozess sei es, die großen Aufgaben für die IBA zu definieren: “Im Moment stellen wir Fragen und geben noch nicht Antworten.”
Rosensteinviertel und IBA-Plattform
Diesen Ansatz wählte auch Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn, der ein klares Bekenntnis zu einer Bauausstellung ablegte: “Die Stadt Stuttgart hat Lust auf eine IBA, wir beteiligen uns aktiv.” Anknüpfend an das Motto beim Bau der Weißenhofsiedlung 1927 sagte Kuhn: “Wir wollen bauen für den modernen Menschen”. In den Bauprojekten müssten die vielfältigen Lebensformen der Zukunft realisiert werden, etwa die sinkende Bedeutung des motorisierten Individualverkehrs und flexible Wohneinheiten entsprechend der verschiedenen Lebensphasen. Wichtig sei, Diversität in der Herkunft und sich ausdifferenzierenden Lebensweisen gerecht zu werden.
Auf dem Rosensteingelände könne nach seinen Vorstellungen ab etwa 2025 ein Energieplusviertel mit den Mobilitätslösungen von morgen entstehen. Eine wichtige Frage sei, wie sich dies mit dem Ziel, bezahlbaren Wohnraum anzubieten, vereinbaren lasse. Zudem müsse die funktionale Aufteilung in Wohnen, Arbeit und Freizeit aufgebrochen werden, um Verkehr erst gar nicht entstehen zu lassen. “Die Arbeit der IBA-Plattform und die Bürgerbeteiligung für das Rosensteinviertel führen wir am Jahresende zusammen”, zeigte sich der Oberbürgermeister zuversichtlich.
Smart City im regionalen Maßstab
Thomas S. Bopp, Vorsitzender des Verbands Region Stuttgart, bezeichnete die Flächenknappheit in der Region als eines der zentralen Themen einer IBA: “Wir brauchen einen deutlichen Ausbau des Wohnungsbestandes – und eine IBA kann zeigen, wie man auf knapper Fläche im verdichteten Raum Architekturen und Städtebau schaffen kann, die auch Spaß machen.” Ferner habe das Thema “neue Mobilitätskonzepte” große Bedeutung. “Auch die Digitalisierung wird ein Thema sein”, so Bopp. “Wir können beweisen, dass wir eine Smart City im regionalen Maßstab machen können.” Insgesamt habe die Region Stuttgart eine hervorragende Grundlage dafür, “eine tolle IBA zu machen. Bitte bringen Sie sich mit vielen Ideen ein, so dass wir im Herbst eine gute Grundlage haben, eine gute Entscheidung zu treffen.”
An die Auftaktveranstaltung vom Freitag schließen sich Foren für Kommunen, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft an. Mit einem Konvent im Herbst soll der IBA-Plattformprozess seinen Abschluss finden. Anschließend will die Regionalversammlung über die mögliche Gründung eines Projektbüros beraten. Internationale Bauausstellungen haben in der Regel eine etwa zehnjährige Laufzeit. Wegen der Symbolik streben die Akteure das Präsentationsjahr 2027 an, genau 100 Jahre nach dem Bau der Weißenhofsiedlung auf dem Stuttgarter Killesberg, die während der Werkbund-Bauausstellung 1927 entstanden ist.
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Weitere Informationen zur IBA-Plattform: iba2027.region-stuttgart.de