Die “Herrgottsbscheißerle” sind nicht nur vor Ostern begehrt

Wenn es die Fastenzeit nicht gäbe, wäre die Maultasche womöglich nie erfunden worden. Der wohl populärsten Herkunftslegende zufolge ist die Maultasche eine Erfindung der Mönche des Klosters Maulbronn, das unweit von Stuttgart liegt. Es wird erzählt, dass die Zisterzienser während des Dreißigjährigen Krieges zur Fastenzeit ein großes Stück Fleisch erhielten. Knitz, wie die Mönche waren, sollen sie das Geschenk klein gehackt und mit Kräutern und Spinat gemischt haben, um den Eindruck eines fleischlosen Mahles zu erwecken. Zur besseren Tarnung sei die Mischung schließlich in einem Nudelteig versteckt worden, der in kleine Portionen geteilt wurde – fertig waren die "Herrgottsbscheißerle", wie sie im Volksmund augenzwinkernd gennant werden. Der Name Maultasche hätte sich demnach ursprünglich aus der Bezeichnung "Maulbronner Nudeltaschen" abgeleitet.

Neue Füllungen und pfiffige Werbung

Die schwäbische Spezialität selbst herzustellen, erfordert viel Zeit. Daher greifen heutige Maultaschenliebhaber gerne auf die Teigtaschen von Bürger zurück. Das Traditionsunternehmen aus Ditzingen blickt mittlerweile auf 75 Jahre Unternehmensgeschichte zurück. Die Bürger GmbH, die von der Familie Bihlmaier in dritter Generation geführt wird, hat seit vielen Jahren bei der Herstellung original schwäbischer Maultaschen die Nase vorn. Längst gibt es neben der traditionellen Füllung auch ausgefallene Variationen mit saisonbezogenem Inhalt wie etwa Pilzen, Lachs oder Geflügel.

Mit pfiffigen Anzeigen einer Stuttgarter Werbeagentur geht das Ditzinger Unternehmen seit einigen Jahren gezielt an die Öffentlichkeit. Auf großen Plakaten verkündet zur Zeit ein kleiner blonder Fratz mit süßer Schnute: "Wenn ich groß bin, gibt’s die jeden Tag". "Wir haben nichts dagegen, wenn die Leute noch mehr Maultaschen essen", sagt Geschäftsführer Martin Bihlmaier, der die Unternehmensleitung vor zwei Jahren von seinem Vater Richard übernommen hat.

Comeback für Maultasche und Schupfnudel

Womöglich wäre die Maultasche mittlerweile eine Rarität, wenn es die Teigtaschen von Bürger nicht gäbe, denn vorgefertigt ist die schwäbische Spezialität ein leckeres und schnell zubereitetes Mittagessen. "Zum überwältigenden Erfolg der Maultaschen bundesweit und im Ausland hat die Bürger GmbH ganz sicher entscheidend beigetragen", ist Richard Bihlmaier überzeugt. "Wir haben auf jeden Fall das "Aussterben" der Schupfnudel verhindert", nimmt Martin Bihlmaier augenzwinkernd für sein Unternehmen in Anspruch. Als sich in den 1970er-Jahren immer weniger Haushalte die Mühe machten, die gerollten Stückchen aus Kartoffelteig aufwändig zu Hause selbst herzustellen- sinnigerweise auch Bubaspitzle genannt – entwickelte Bürger ein Verfahren, das deren industrielle Herstellung ermöglichte.

Rund acht Stunden dauert es, bis aus den angelieferten Zutaten eine zum Abtransport verpackte original schwäbische Maultasche geworden ist, "die ohne Geschmacksverstärker und ohne Konservierungsstoffe hergestellt wird," betont Martin Bihlmaier. Heute werden an den Produktionsstandorten in Ditzingen und Crailsheim rund 1,5 Millionen Maultaschen am Tag hergestellt. 650 Mitarbeiter beschäftigt der Maultaschenriese. Sie verarbeiten täglich 250 Tonnen Lebensmittel, damit hungrige Leckermäuler nicht auf ihre schwäbischen Favoriten verzichten müssen.

Maultaschen schlagen Pasta

Dabei begann Richard Bürger mit seiner 1934 gegründeten Firma – in Stuttgart auch liebevoll "Mayonnaisen Bürger" genannt – ursprünglich mit der Produktion von Mayonnaisen, Fleisch- und Ochsenmaulsalat, sauren Kutteln und Rohkostsalaten. Erst unter seinem Nachfolger Erwin Bihlmaier, der das Unternehmen 1962 übernahm, kamen die berühmten Taschen ins Sortiment. Zusammen mit seinem Sohn Richard Bihlmaier baute dieser 1964 eine der ersten Maultaschenmaschinen der Welt. Die Bürger GmbH erwirtschaftet den größten Teil ihres Umsatzes mit der gefüllten Teigspezialität.

Mit einem Marktanteil von über 80 Prozent ist Bürger unangefochtener Marktführer für die schwäbische Teigspezialitäten in Deutschland. Wegen seiner starken Marktstellung in diesem Bereich ist das Unternehmen zudem bundesweiter Marktführer im gesamten Segment der gekühlten Teigwaren. Spätzle, Schupfnudeln und Maultaschen schlagen mengenmäßig sogar die große Konkurrenz der italienischen Produkte.

Vom Arme-Leute-Essen zum Exportprodukt

Ursprünglich galten die schwäbischen Maultaschen, wie auch Ravioli oder Pizza, als "Arme Leute-Essen". In ihnen ließen sich die Reste der vorhergehenden Tage, etwa Siedfleisch, hart gewordenes Brot oder altes Gemüse, noch einmal auf den Tisch bringen – ohne, dass es der Familie auffiel. Heute gelten Maultaschen längst als salonfähig und selbst Sterneköche experimentieren damit. Bei Bürger setzt man auf Qualität. Das Fleisch bezieht das Unternehmen zu 80 Prozent aus Deutschland, ein Großteil der Zutaten stammt sogar direkt aus der Region.

Dennoch verdankt Bürger seinen Erfolg nicht allein der großen Nachfrage in Süddeutschland, sondern auch dem wachsenden Interesse in Nord- und Ostdeutschland. "Dort wächst die Marke Bürger", freut sich Bihlmaier. "Wir werden unsere Vertriebsaktivitäten dort weiter verstärken." Auch der Export soll in den nächsten Jahren noch weiter ausgebaut werden. Insgesamt hat Bürger 150 verschiedene Produkte im Sortiment. Seit einigen Jahren beliefert Bürger den japanischen Markt mit Maultaschen, Schupfnudeln und Suppenmaultaschen – kein Wunder, lieben doch vor allem Japaner ihre Gyoza, kleine gefüllte Teigtaschen.

Für Maultaschen-Freunde aus Stuttgart und der Region hat Bürger einen Treffpunkt im Herzen Stuttgarts eingerichtet. Im Bistro BÜRGERMeister in der Kronprinzenstraße sorgt eine umfangreiche Speisekarte mittags, abends oder einfach zwischendurch für eine willkommene Abwechslung in der Stuttgarter Gastro-Szene.

http://www.buerger.de/