Die Natur stand Pate für den Eisbär-Pavillon – ein energieautarker, textiler Membranbau mit futuristischer Architektur. Der Pavillon ist völlig energieunabhängig. Die Sonne allein reicht aus, um den Pavillon im Sommer wie im Winter warm zu halten. Flexible Solarkollektoren in der textilen Gebäudehülle in Kombination mit einer patentierten Wärmespeicherung sorgen für eine exzellente Energieeffizienz. Sie ergeben in der Summe ein bewundernswert neues solarthermisches System.
Die Entwicklung inspiriert hat ein schlichtes Eisbärfell. Es zeigt, wie Wärme eingefangen und gespeichert wird: Unter dem dicht isolierenden Fell mit farblosen Haaren tragen die Tiere aus der Arktis eine nahezu schwarze Haut, die Sonnenwärme anzieht. Die Sonnenenergie wird zwischen den Fellhaaren gespeichert. Dafür sorgt auch die Hohlstruktur der einzelnen Fellhaare.
Das Eisbärenfell stand Pate
Die textile Hülle des Eisbär-Pavillons folgt exakt diesem Prinzip: Sonnenenergie wandelt sich in Wärmeenergie um. Beim Pavillon trifft einfallendes Sonnenlicht auf ein schwarz beschichtetes Textilgewebe und eine hoch poröse Membran mit Wärmetransportschicht. Sie übernimmt die Erwärmung der durchströmenden Luft. Auf diese Weise ist ein flexibler Sonnenkollektor entstanden, der als äußerst effizienter Energie-Wärmetauscher dient. An Solarprüfständen in Denkendorf und in Filderstadt konnten mit der Sommersonne bereits bis zu 140 Grad Celsius erreicht werden, eine Lauflänge des Kollektors von vier bis fünf Metern sowie eine Sonneneinstrahlung von rund 1.000 Watt pro Quadratmeter vorausgesetzt.
Fünf flexible Solarkollektoren strecken ihre Fühler Richtung Süden aus. Die darin erzeugte Warmluft wird über das Dach des Eisbär-Pavillons einem neuartigen Langzeit-Wärmeenergiespeichersystem zugeführt. Es ist die zweite Neuentwicklung im Rahmen dieses Forschungsprojekts. Der Energiespeicher ist in der Lage, Wärmeenergie in chemische Energie umzusetzen und nahezu verlustfrei zu speichern. Die patentierte Entwicklung des Projektpartners TAO aus Stuttgart kann im Sommer ausreichend viel Wärme speichern, um den Pavillon im Winter zu heizen.
Neuer Weg, um mit Sonne umzugehen
Das Speichermittel besteht aus Silika-Gel. Laien kennen es als kleine Kügelchen, die in Tütchen verpackt als Trockenmittel für feuchtigkeitsempfindliche Waren dienen. Die innere Oberfläche beträgt unglaubliche
600 Quadrtameter pro Gramm. Beim Trocknen nimmt das Gel Wärme auf, die es wieder abgibt, sobald es feucht wird. Im Eisbär-Pavillon stehen drei große Speicherboxen mit Silika Gel zur Verfügung. Sie nehmen die Wärme der zugeführten Luft auf und können sie Monate später – ganz nach Bedarf – wieder an den Eisbär-Pavillon oder auch an einen anderen Ort abgeben. So entsteht ein hocheffizienter Energie-Wärmetauscher.
Fachleute sind davon überzeugt, dass der Eisbär-Pavillon am ITV Denkendorf einen neuen Weg in
die Zukunft erneuerbaren Energien aufzeigt. Mit dem Eisbär-Pavillon ist es dem ITV Denkendorf mit den Industriepartnern gelungen einen textilen Membranbau nicht nur ästhetisch sondern auch energieeffizient umzusetzen, ein Novum – zählten die Wärmedämmung und Isolation bisher zu den Nachteilen dieser Bauten. Die Entwicklung überzeugt auch durch das gelungene Zusammenwirken vieler Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette.
Viele Partner aus der Region
Hinter der Idee stehen insgesamt sechs Forschungspartner, die den Bau von der
Forschung über die Planung bis zur Fertigstellung im Verbund umgesetzt haben. Neben dem ITV Denkendorf mit Projekteitung beteiligten sich das Laboratorium Blum und die Unternehmen TAO Trans-Atmospheric Operations GmbH aus Stuttgart, TINNIT Technologies GmbH aus Karlsruhe, Wagner Tragwerke Stuttgart sowie die Arnold Group aus Filderstadt an dem Projekt. Zusammen bieten sie ein breites Kompetenzprofil, das die Anforderungen der sehr unterschiedlichen Aufgabenbereiche im Projekt hervorragend abdeckt. Das ambitionierte Forschungsprojekt mit einem Investitionsvolumen von insgesamt 1,4 Millionen Euro wurde durch die finanzielle Förderung des Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg sowie den europäischen Fond für regionale Entwicklung ermöglicht.