Das junge Paar, das 1934 in einer kleinen Werkhalle in Sindelfingen den Grundstein für ein weltweit führendes Unternehmen legte, hieß Elise und Martin. Zusammen stellten sie wichtige Bauteile für die damals aufstrebende Kühltechnik her: Als erste in Deutschland produzierten sie thermostatische Expansionsventile aus Stahl und Zwei-Zylinder-Gleichstromverdichter. Die beiden Bauteile waren Hauptkomponenten in damaligen Kälteanlagen. Die Ventile sorgten für eine ausreichende Menge an Kältemittel, die Verdichter saugten das gasförmige Kältemittel an, komprimierten es und erhöhten so die Temperatur. Das kleine Unternehmen von Martin und Elise nannte sich „Apparatebau für Kältetechnik“. Es sollte bald wachsen und den Nachnamen des Paares tragen, das es gegründet hat – Bitzer.
Inzwischen ist aus der kleinen Sindelfinger Werkstatt ein Weltmarktführer geworden. Die Bitzer-Firmengruppe macht heute 740 Millionen Euro Umsatz und beschäftigt 3.500 Menschen. Längst gehören die Expansionsventile und Gleichstromverdichter der Anfangsjahre der Vergangenheit an. Das Portfolio des Unternehmens umfasst heute über tausend Produkte. Bitzer ist in der Kälte- und Klimatechnik aktiv, produziert jedes Jahr zahlreiche Kältemittelverdichter, Verflüssigungssätze, Wärmetauscher und Druckbehälter.
Bitzer Produkte: nicht zu sehen, aber zu spüren
Verwendung finden die Bitzer-Produkte zum Beispiel beim Kühlen und Gefrieren von Lebensmitteln in Verkauf, Transport und Lagerung. Bei industriellen Prozessen wie dem Laserschneiden oder bei der Kühlung von Rechenzentren sind Bitzer-Verdichter genauso im Einsatz wie in den Klimaanlagen tausender Büros, Busse und Züge weltweit. Auch in Wärmepumpen von Fußbodenheizungen, Schwimmbädern oder Gefriertrocknungsanlagen stecken Bitzer-Produkte. „Verdichter sind sozusagen unsere DNA“, sagt Christian Wehrle, der Geschäftsführer für Operatives. „Unsere Kunden schätzen unsere jahrzehntelange Erfahrung und die Qualität unserer Arbeit. Wir fokussieren uns dabei auf die Produkte, die unsere Wettbewerber in der Gesamtheit nicht machen.“
Auf dem Weg zum Global Player
Der Weg zu dieser Erfolgsgeschichte war lang. In den Wirtschaftswunderjahren nach dem Zweiten Weltkrieg nahm die kleine Firma von Elise und Martin Bitzer Fahrt auf. Bis 1960 vergrößerte sich das Unternehmen auf 212 Beschäftigte und verkaufte seine Produkte in 56 Länder. Die von Martin Bitzer entwickelten Zwei-Zylinder-Gleichstromverdichter trugen wesentlich zum Aufstieg der Firma bei und wurden über Jahrzehnte in großer Stückzahl produziert, die thermostatischen Expansionsventile aus Stahl waren ein deutschlandweites Novum und entsprechend begehrt.
1961 übergab Martin Bitzer die Firma wegen gesundheitlicher Probleme an seinen langjährigen Geschäftspartner Ulrich Schaufler. Dieser führte das Unternehmen bis 1979, konnte es aber nicht davor bewahren, in den Strudel der Wirtschaftskrise der späten 70er Jahre gezogen zu werden. Sein Sohn Peter Schaufler musste, wie er selbst sagte, nach dem Tod des Vaters von vorne beginnen. Er verfolgte eine klare internationale Ausrichtung und machte Bitzer so zum Global Player. Die Firma gründete über 40 Tochterunternehmen, darunter auch Produktionsstandorte in China, Australien, Brasilien, Südafrika und den USA. Bitzer wandelte sich vom deutschen Mittelständler zum weltweit größten, unabhängigen Hersteller von Kältemittelverdichtern. 1986 gelang es dem Unternehmen, den ersten frequenzgeregelten Schraubenverdichter für Züge auf den Markt zu bringen, der sich bald in fast allen Bahnen rund um den Globus fand. In Schkeuditz bei Leipzig wurde 1991 das Kompetenzzentrum für Hubkolbenverdichter eröffnet, heute befindet sich dort Bitzers größter Standort mit rund 800 Beschäftigten. Seit 2002 ist das Unternehmen als einziger Hersteller in der Lage, drei Arten von Verdichtern anzubieten – Hubkolben, Schrauben und Spiralverdichter, sogenannte Scrolls.
Denke global, handle lokal
Bitzer steht heute glänzend da, das Unternehmen ist an 64 Standorten weltweit präsent. Ihren Wurzeln ist die Firma aber treu geblieben, denn in Sindelfingen folgt man dem Motto think global, act local: „Beim Wettbewerb um qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter setzen wir bei Bitzer auf die gut ausgebaute Infrastruktur der Region Stuttgart, die auf Fachkräfte eine hohe Anziehungskraft ausübt“, erklärt Christian Wehrle. „Der Neubau der Unternehmenszentrale im Sindelfinger Osten, der Ende 2018 fertiggestellt werden soll, macht das deutlich.“ Nach über 80 Jahren Firmengeschichte hat sich Bitzer stark gewandelt, aus der kleinen Werkstatt wurde ein weltweit agierendes Unternehmen. Eines ist aber gleich geblieben: Der Region Stuttgart hält man bei Bitzer die Treue.